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Tour des Imbéciles Fidèles - Bureau Seneschall Die ungebetene Nichte

1

Dienstag, 18. Februar 2020, 14:12

Die ungebetene Nichte

LaMotte. Das war lächerlich und Robert war deswegen durchaus mehr als verängert, hatte ihn doch der scheidende Polizeiminister Fouche um diesen Gefallen gebeten und diesem wollte Duroc nur ungern etwas abschlagen. LaMotte, Cecilie LaMotte um genau zu sein und von dieser jungen Dame hatte Duroc noch nie etwas gehört. Von ihrem Vater schon, der war als Duc de Berwiq einer der führenden Köpfe der Jakobiten, einer Minderheit im Norden des Landes die sich aus einem schon jahrhundertealten Zustrom albernischer Einwanderer speiste. Doch eine Tochter? An einen Sohn konnte sich Duroc erinnern, war der nicht vor einem Jahr verunglückt? Als idiotischer Wanderer, rasender Autofahrer, blitzgetroffener Hochseesegler? Und er sollte sich jetzt um sie kümmern? Ihr einen Crashkurs in Politik verpassen, sie fit zu machen für das politische Parkett. Robert hasste es jetzt schon, er sah die wahrscheinlich hüftspeckige aber doch besserwisserische Herzogstochter schon vor sich. Keiner bekannten Sprache mächtig, dann wahrscheinlich etweder maulfaul oder verbalinkontinent, sicher eine Zecke, wahrscheinlich ein Pickel auf dem Antlitz seines Amtes. Verdammter scheiss, wie kam er raus aus dieser Kiste, er hatte wirklich besseres zu tun. Und so nahm der Plan langsam Gestalt an, Pummelchen sollte nämlich keinen Spass an diesem Praktikum finden. Das sie in ihrem Lebenslauf, den ihm Fouche hatte zukommen lassen, keinen Flecken aber auch kein Bild hatte war ärgerlich, sie würde schon wissen warum.

"Fab"

säuselte er mit ruhiger Stimme in die Gegensprechanlage

"Wir erwarten heute die Tochter des Herzogs von Berwiq, sie wird ein halbes Jahr bei uns hospitieren. Bereiten sie alles vor, Accountdaten, Zutrittskarte, Fingerabdrücke und rufen sie auch meinen Schneider, wir müssen sie respektabel ausstaffieren."

Nach seinem geschmack gekleidet würde sie morgen nicht wiederkommen, würde ihr doch eine enge Lederhose das Aussehen einer Blutwurst verleihen.

2

Dienstag, 18. Februar 2020, 14:29

Es war absurd. Es war mehr als absurd. Cecilie seufzte, während sie aus dem Fenster die vorbeiziehende Landschaft betrachtet. Phileas war immer der Liebling der Familie gewesen. Derjenige, der dem Familiennamen Ehre machen würde, der sie nach außen hin präsentierte und dem eine prächtige Zukunft bestimmt war.
Das Beste, worauf sie hatte hoffen können, war irgendwann einmal einen Mann zu heiraten, der sie zumindest vernünftig behandelte. Mehr aber auch nicht.
Und jetzt war Phileas tot. Was hatte der Idiot sich dabei gedacht? Natürlich war Cecilie auch bestürzt und natürlich hatte sie getrauert, aber sie und ihr Bruder hatten sich nie allzu nahe gestanden, so dass sie diese Trauer auch schnell verwunden hatte.
Doch von einem auf den anderen Tag begann man sich plötzlich dafür zu interessieren, was sie eigentlich tat. Gestern waren ihre wichtigsten Sorgen noch gewesen, ob es gerade wieder Mode war, das Haar hoch aufgetürmt oder doch eher nach unten fallend zu tragen, welche Farbtöne diese Saison angesagt waren und welcher Schneider sie in diesen kleiden würde. Und heute sollte sie eine politische Karriere beginnen? Sie hatte doch überhaupt keine Ahnung, was sie dort erwartete und worauf es ankam. Doch es war der Wille ihres Vaters und wer war sie, ihm zu widersprechen? Er hatte gerade erst seinen liebsten - und einzigen - Sohn verloren. Eine aufständische Tochter war da das Letzte, was er gebrauchen konnte.
Es wurde alles arrangiert und Cecilie hatte keine Ahnung, nicht den blassesten Schimmer, welche Fäden ihr Vater gezogen und welche Hebel er in Gang gesetzt hatte, um letztendlich das möglich zu machen, zu dem sie sich letztendlich mit einem falschen Lächeln und einem Nicken einverstanden erklärte, so dass sie jetzt im Wagen ihres Chauffeurs saß und zu jenem Mann gefahren wurde, der sie auf die Politik vorbereiten sollte. Robert Duroc.
Und war das nicht das eigentlich absurde daran? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ausgerechnet der Seneschall des Empire Outremer die Zeit hatte, sie zu unterrichten.
Irgendwie war sie auch neugierig. Man erzählte sich, dass er durchaus nicht zu schlecht anzuschauen war und geschickt, gerissen und intelligent war er obendrein, sonst wäre er wohl in seinem Alter noch nicht Seneschall. Wobei Cecilie eigentlich gar nicht wusste, wie alt Robert Duroc genau war. Aber sie stellte ihn sich eher jünger vor.
Doch wie würde es sein, mit ihm zu arbeiten? Ob er die nötige Geduld mit ihr haben würde?
Sie war nicht auf den Kopf gefallen und natürlich war sie auch gut unterrichtet worden, aber sie hatte in ihrem Leben noch nie direkt mit Politik oder Politikern zu tun gehabt und hatte eigentlich auch nicht geplant, das je zu tun, doch dann hatte ja alles anders kommen müssen.
Als der Wagen hielt und ihr die Tür geöffnet wurde, stieg sie auf und atmete tief durch. Zumindest soweit es das Korsett zuließ. Oh, wer sich diese Mode ausgedacht hatte, musste einen großen Hass auf Frauen hegen, oder falls es selbst gar eine Frau gewesen sein sollte, einen Hang zum Masochismus haben. Wer verzichtete freiwillig auf so etwas schönes und auch essentielles wie atmen?
Sie prüfte im spiegelnden Lack des Wagens, noch einmal ob ihre weiße Bluse mit den gerüschten Ärmeln und Kragen unter dem Korsett auch richtig saß und der aufwändig geraffte Rock von der Fahrt nicht allzu zerknittert war, dann wandte sie sich dem Gebäude zu und begab sich zum Empfang.
Dort wurde sie höflich empfangen und über das weitere Procedere aufgeklärt. Sie nahmen ihre Fingerabdrücke und wollten noch diverse Daten mit ihr abgleichen und auf ihre Richtigkeit prüfen. Während dieser ganzen Zeit hatte sie Robert Duroc noch nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, aber der Seneschall hatte wohl mit Sicherheit Wichtigeres zu tun, als sich um solche Formalien zu kümmern. Als dann endlich alles soweit fertig war, erklärte man ihr, dass Duroc sie nun empfangen würde und so wurde ihr der Weg zu seinem Büro gewiesen, wo sie, obgleich er sicher wusste, dass sie kam, noch einmal anklopfte und erst nach einer entsprechenden Aufforderung eintrat.

"Cecilie LaMotte"

stellte sie sich mit einem Lächeln und einem dezent angedeuteten, aber elegant und durchaus akribisch einstudierten Knicks vor.
Ihre Annahme Robert Duroc sei noch nicht allzu alt, hatte sich bewahrheitet, denn der junge Mann, der ihr hier gegenüberstand war wohl bei weitem noch keine vierzig. Und irgendwie gutaussehend war er wohl auch, aber darum war sie nicht hier.

"Ich soll hier wohl ein Praktikum absolvieren."

fügte sie hinzu und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Wie dumm sie geklungen hatte, zumal er das doch längst wusste. Er hätte sie ja andernfalls überhaupt nicht empfangen. Und als reichte das nicht, hatte sie mit diesem einen Satz auch noch zu verstehen gegeben, dass es weder ihre Idee noch aus ihrem Antrieb heraus geschah, sondern einzig und allein ihres Vaters Wunsch entsprach. Was nicht bedeuten sollte, dass sie sich nicht bemühen würde. Den Familiennamen zu ehren, war eine Pflicht, der sie gewissenhaft nachkommen würde.

3

Dienstag, 18. Februar 2020, 14:30

Duroc hörte zwar Ihre Worte, doch konnte er es nicht glauben, schliesslich hatte er einen völlig anderen Typus Frau erwartet und diese Diskrepanz liess ihn erstmal blinzeln, dann stand er allerdings auf da er seine Manieren wiedergefunden hatte und küsste erstmal ihre Hand wobei er sich tief verbeugte. Sie wusste sich zu kleiden, doch ob das eine echte Haarfarbe war, da war er sich sicher das nicht und hätte diesem Missfallen wohl auch ausdruck verliehen, hätte nicht in diesem Moment sein Telefon geklingelt. Ein richtig schöner, alter Bakelitapparat, wobei Schönheit allerdings stets im Auge des Betrachters lag.

"Seien Sie mir willkommen. Ihr Vater bat mich..."

was allerdings gelogen war, hatte ihm der Alte, auf dessen Stimme er ggf. angewiesen war, doch kaum eine Wahl gelassen.

"...sie ein wenig in die Staatsgeschäfte einzuführen. Also das ist ein Telefon, aber nicht irgendein Telefon, sondern die direkte Leitung zu einigen unserer wichtigsten ...."

Spione oder Agenten konnte er ja schlecht sagen, auch Informanten klang doof

"... nennen wir es wachsame Bürger."

Er hatte im Raum herumzulaufen begonnen und sah dabei nicht unbedingt wie ein hoher Regierungsbeamter aus, trug er doch schwarze Schnürstiefel, schwarze Lederhose und die geliebte schwarze Husarenjacke.

"Wenn ich nicht in diesem Büro bin, dann ist es ab jetzt ihre Aufgabe das Gespräch entgegen zu nehmen. Bitte fertigen sie dabei eine Telefonnotiz an, notieren sie alles, auch wenn sie es nicht verstehen. Bitte gehen sie jetzt an den Apparat."

Er hatte sich in einen der beiden Lehnsessel gesetzt und taxierte Cecilie als sei sie ein zu prämierender Pudel und hätte dabei gerne einen Blick auf ihren Po geworfen, dieser war jedoch unter dem Raffrock nicht auszumachen. Als Cecelie den Hörer aufnahm und sich meldete legte der Teilnehmer auf und gerade als sich die fragenden Blick der beiden trafen klingelte es erneut. Duroc schlug sich mit einer Reitgerte auf den Stiefel.

4

Donnerstag, 20. Februar 2020, 12:06

Robert Duroc begrüßte sie wie ein echter Gentleman. Ihre Lippen umspielte ein leichtes Lächeln. Auch wenn sie nicht wusste, was er von ihr oder der ganzen Situation hielt, so schien er wenigstens sehr höflich und kultiviert zu sein. An seiner Verbeugung, mit der er den Handkuss ergänzte und die ebenso elegant wie natürlich wirkte, war nicht das Geringste auszusetzen.
Er hieß sie willkommen, doch noch ehe sie weitere Worte wechseln konnte, wurden sie vom lauten Klingeln des Telefons unterbrochen, das auf Durocs Schreibtisch thronte und ihre Aufmerksamkeit verlangte. Duroc erklärte er ihr auch sogleich, dass dies eine direkte Leitung zu den wichtigsten ihrer "wachsamen Bürger" war. Cecilie war nicht auf den Kopf gefallen. Sie hatte schon von Spitzeln gehört, die ihrem Land im Verborgen Ruhm bescherten, indem sie die Geheimnisse ihrer Feinde ans Tageslicht brachten. Auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie genau solche Leute in Wirklichkeit eingesetzt wurden, so kannte sie doch die Geschichten von sexy Agenten, die hingebungsvoll ihrem Land dienten und bösen Kerlen das Handwerk legten.
Bei Durocs nächsten Worten zog sie dann jedoch überrascht die Augenbrauen hoch. Er erklärte, dass sie jegliche Anrufe entgegennehmen sollte, solange er nicht im Büro war und sie sollte auch gleich mit diesem Anruf beginnen.
Sie warf dem Mann, der mittlerweile durch den Raum tigerte, einen irritierten Blick zu. Seine Kleidung, die sich ihr nun gänzlich offenbarte, hätte ihrer Meinung nach eher zu einem militärischen Befehlshaber, als zu einem hochrangigen Beamten gepasst, aber was wusste sie schon, wie sich militärische Befehlshaber, oder Regierungschefs korrekt kleideten? Sie kannte sich eher in der Welt der Damenmode aus. Aber dies war nicht der Zeitpunkt, um über Mode zu fachsimpeln.
Ohne noch mehr Zeit zu verlieren, denn Duroc hatte ihr ja die Wichtigkeit dieses Telefonapparats nahegelegt, nahm sie ab und meldete sich mit einem freundlichen

"Guten Tag, Sie sprechen mit Cecilie LaMotte.", woraufhin der Anrufer umgehend auflegte.

Ihr fragender Blick begegnete dem Durocs, während sie langsam wieder auflegte. Hatte sie etwas falsch gemacht? Vielleicht hätte sie noch erwähnen sollen, dass es Durocs Telefon war.
In diesem Moment klingelte es erneut. Das Geräusch der Reitgerte, die Duroc, der es sich inzwischen auf einem der Sessel bequem gemacht hatte, gegen seinen Stiefel schlug, machte Cecilie seltsamerweise ein wenig nervös. Wofür um alles in der Welt benötigte er hier eine Gerte?
Sie versuchte sich davon jedoch nicht irritieren zu lassen und hob ein zweites Mal ab.
"Cecilie LaMotte.", meldete sie sich wie zuvor, fügte aber rasch ein "Durocs Bureau". hinten an. Vermutlich wäre es korrekter gewesen, das andersherum zu sagen. Sie würde es sich für die Zukunft merken. Aber für diesen Anruf war es wohl egal, denn der Anrufer begann sofort loszureden.
Hastig klemmte sich Cecilie den Hörer zwischen Schulter und Wange und griff nach dem Notizblock, um aufzuschreiben, was er sagte. Noch ehe sie eine einzige Nachfrage stellen konnte, hatte der Mann aufgelegt. Sie starrte auf ihre hingekritzelten Worte und es war genau wie Duroc angekündigt hatte. Sie verstand absolut nicht, um was es eigentlich ging.
Auf ihrem Zettel stand. Austerliq, Friant, Heimflug, Sondergepäck.
Mit fragender Miene drehte sie sich zu Duroc um.
"Das war ein gewisser Friant. Er schien sehr in Eile zu sein.", sagte sie "Er benötigt anscheinend einen Heimflug mit Sondergepäck und er hat noch etwas gesagt, das ich nicht verstehe: Code Austerliq."
Sie trat zu Duroc und hielt ihm den Zettel hin.

"Darf ich fragen, was das bedeutet?", fragte sie vorsichtig. Sie wusste nicht, wie geheim diese Informationen waren und auch wenn sie natürlich ein Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet hatte, nahm sie nicht an, dass man ihr prekäre Staatsgeheimnisse anvertrauen würde.

5

Freitag, 21. Februar 2020, 14:32

"Es gibt eine Anzahl von Codes die wir an unsere, und ich will da jetzt offen sein, Informanten ausgeben die dann von diesen verwendet werden können um eine ganz besondere Dringlichkeit einer Hilfeanfrage zu unterstreichen. Friant ist somit in einer Lage, die es unbedingt und staatssichernd notwendig macht ihn und das, was auch immer er gefunden hat, nach Hause zu holen."

weihte Duroc Cecilie in die Deutung des Telefonats ein

"Er hätte einen weiteren Code verwendet um zu klassifizieren was er denn heimzuschaffen hat. Das hat er nicht getan, folglich hat er keinen Code dafür, es muss also etwas ganz besonderes sein."

Wieder schlug er mit der Gerte an seinen Stiefel, eine doofe Angewohnheit die er seit Wochen pflegte, fast genau seit dem Moment, seit dem er nicht mehr rauchte, aber das konnte Cecilie ja nicht wissen

"Ich werde mich später darum kümmern, jetzt gilt es, sie in eine Aufgabe einzuweisen die seit längerem liegen geblieben ist. Es geht hier um die Stelle eines Palatins von Coeur, also um die Stelle, die historisch bedingt darüber zu entscheiden hat ob gewissen Gnadengesuchen stattgegeben werden soll oder nicht. Ich möchte sie bitten die Akten…
"

Wobei er auf einen Stapel mit vielleicht fünfzig Vorgängen erst zeigte und dann mit der Gerte darauf schlug worauf eine Staubwolke aufstieg

"… zu sichten und, erstmal blank jeder Ahnung, eine Meinung zum Thema abzugeben. Ich werde dann in einer Stunde zurücksein. Gehen sie im Zweifel an das Telefon wenn es klingelt. Das zweite wird nicht klingeln, das ist auf mein Vorz… meine persönliche Referentin umgestellt."

So blieb Cecilie erstmal allein zurück und konnte zum ersten Vorgang greifen auf den sich langsam wieder der Staub senkte. Es handelte sich hier um den Fall eines verurteilten Kinderschänders der erst zu fünfzig Schlägen mit der Katze durch den Vater des Opfers, welches, sechsjährig, bei der Tat verstorben war, veurteilt worden war um dann durch die Axt geköpft zu werden. Es gab einige Vorschläge aus unterschiedlichsten politischen Lagern von denen die einen die Umwandlung der Strafe in lebenslange Haft, die anderen den sofortigen Vollzug des Urteils forderten wobei der Bund der Katzenfreunde des Empire Outremer (BdKF-EO e.V.) Wert auf den Verzicht der Verwendung der Katze legte und stattdessen die Verwendung einer … aber das führt hier zu weit.
Nach 45 Minuten hörte Cecilie LaMotte wie jemand auf dem Gang vor der Türe näherkam, sich dabei mit Gerte auf den Stiefel schlug und sicher gleich einen Vorschlag hören wollte.

6

Montag, 24. Februar 2020, 22:52

Duroc erklärte Cecilie
tatsächlich ohne Umschweife, was es mit der Code-Geschichte auf sich
hatte. Anscheinend bedeutete Austerliq, dass es besonders dringlich war.
Bei der Bezeichnung "staatssichernd" zog Cecilie etwas überrascht die
Augenbrauen hoch. Also war dieses Telefonat direkt so wichtig gewesen. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet.

Anscheinend hatte dieser Friant etwas so einzigartiges gefunden, dass es
noch nicht einmal einen Code gab, um es zu beschreiben, was nur dafür
sorgte, dass Cecilies Neugier geweckt wurde. Ob sie erfahren würde, was
dieses geheimnisvolle Sondergepäck beinhaltete? In jedem Fall sollte sie
sich Notizen zu diesen Codes machen, damit sie sich merken konnte, was
welche Bedeutung hatte. Es wäre mehr als peinlich, wenn sie so eine
Information ein zweites Mal würde erfragen müssen.

Das Geräusch der Gerte auf Durocs Stiefel ließ sie etwas zusammenzucken
und zwang ihre Gedanken sich wieder zu fokussieren. Himmel, wieso war
das so irritierend für sie? Es war ja nichts so, als würde er sie gleich
mit dieser Gerte zur Rechenschaft ziehen, sobald sie einen Fehler
machte.

Ohne weiter Umschweife ging es dann auch zu ihrer nächsten Aufgabe. Der
Aktenstapel, der für sie bestimmt war bekam Durocs Gerte zu spüren, so
dass sich etwas Staub in die Höhe erhob, um wieder gemächlich
zurückzusinken. Cecilie lächelte matt. "Na die liegen da wohl schon etwas länger.",
konnte sie es sich nicht verkneifen zu murmeln. Folgte aber dennoch
ohne Protest der Anweisung und nahm Platz, um sich den Stapel
vorzunehmen, während Duroc das Büro verließ.

Sie zog einen Block herbei, um zu jedem der Vorgänger ein paar Notizen
anfertigen zu können, ohne direkt die originalen Unterlagen bekritzeln
zu müssen. Bevor sie begann, zog sie jedoch noch ein kleines Notizbuch
aus einer Tasche ihres Rocks und kritzelte hinein Code Austerliq - sehr dringend, die Staatssicherheit betreffend

Dann klappte sie es zu, verstaute es wieder und machte sich an die
Arbeit. Schließlich hatte sie für diese Aufgabe nach Durocs Aussage nur
eine Stunde.

Ohne irgendein Wissen über geltende Gesetze war es schwer, die
unterschiedlichen Strafmaße zu beurteilen, doch Cecilie versuchte sich
einfach von ihrem Gewissen und ihrem gesunden Menschenverstand leiten zu
lassen. Widerliche Verbrechen wie Kinderschändung oder Frauenmissbrauch
gehörten in ihren Augen hart bestraft. Eine lebenslange Haft war nicht
das, was ein solcher Täter erhalten sollte. Er sollte leiden, so wie sie
seine Opfer gelitten hatten. Sie wusste, dass diese Ansichten radikal
waren, doch sie kam nicht umhin so zu empfinden.

Andere Vergehen hingegen wie beispielsweise Diebstahl oder Betrug waren
in ihren Augen weniger gravierend und erforderten doch wohl keine
körperliche Strafe.

So arbeitete sie sich durch den Stapel, bis sie das sich nähernde
Geräusch einer Gerte vernahm, die gegen einen Stiefel schlug.
Erschrocken warf sie einen Blick zur Uhr an der Wand. Es war gerade
einmal eine Dreiviertelstunde vergangen und sie war mit den Unterlagen
noch nicht ganz fertig. Wenigstens hatte das Telefon sie in Ruhe
gelassen, sonst wäre sie wohl noch weiter im Rückstand. Hastig überflog
sie den nächsten Fall und kritzelte ihre Meinung zu ihren Notizen.
Obwohl sie schnell geschrieben hatte, war ihre Handschrift schön und gut
leserlich. Während ihrer Ausbildung hatte man Wert darauf gelegt, ihr
ein besonders schönes und weibliches Schriftbild anzutrainieren.
Schließlich sollte sie als Tochter aus gutem Hause nicht wie irgendein
dahergelaufenes Flittchen schreiben.

Doch alle Eile war vergebens. Sie würde es nicht mehr schaffen, bevor
Duroc eintrat. Sie hatte nur vierzig der etwa fünfzig Akten bearbeitet.

7

Dienstag, 25. Februar 2020, 11:51

Als Duroc eintrat hatte er ein Tablett mit zwei dampfenden Bechern Kaffee in der Hand und stellte es auf einen freien Platz, zog, als er die beiden Stapel sah eine Augenbraue hoch und lachte dann herzlich auf.

„Citoyenne LaMotte, wir sind hier in der öffentlichen Verwaltung, wir sollten vielleicht das Gelernte fixieren und das Falsch gemachte richtig lernen, dann werden wir uns sicher verstehen.“

Er nahm einen dr Becher, sah sie an, stellte ihn wieder hin und runzelte die Stirne

„Schwarz? Zucker? Einer ist mit Milch, einer nicht, Zuckertütchen sind in dem Schubfach dort, wenn Sie keine Milch mögen oder Laktose, Gluten oder anderes Gedöhns nicht wollen dann würge ich ihn mir runter, ansonsten sind sie beim nächsten Mal dran. Durch die letzten Sicherheitsmaßnahmen wurde uns leider die Kaffeemaschine genommen und wir müssen nun immer zu diesem stinkenden Automaten rennen. Aber probieren sie erst.“

Eine Antwort wartete er allerdings nicht wirklich ab sondern begann stattdessen nach dem Zucker zu suchen der in dem nicht wirklich ordentlichen Büro trotzdem bald gefunden war.

„Sie haben einen Block, das ist gut. Notieren sie also: Erstens: Das wichtige hat Vorrang, hier geht es ums Telefon, das haben wir ja besprochen. Zweitens: Treffe Entscheidungen, das haben sie gerade gemacht.“

Worauf er wieder auf den Stapel schlug und dabei eine nun schon kleinere Staubwolke erzeugte.

„Drittens: Stehe zu Deinen Entscheidungen. Dazu kommen wir gleich, Und Viertens, und das ist das wichtigste, arbeite in angemessenem Tempo. Fünfzig Vorgänge sind die Arbeit für einen Monat, nicht für eine Stunde. Es wäre in Ordnung gewesen einen zu bearbeiten. Vielleicht zwei, aber ich muss ihnen sagen: Sie machen sich hier keine Freunde wenn sie anfangen als seinen sie ein Streber. Dann werden andere beginnen sie zu mobben… Doch zeigen sie mal her“

Worauf er ihre Notizen zum ersten Fall nahm und diese kurz studierte.

„Sieht nach Calligraphie aus, auch das ist nicht gut, sie werden schon lernen, dass es von Vorteil ist, wenn nicht jeder sofort lesen kann was sie schreiben.

Sie lehnen die Begnadigung ab… das finde ich gut. Wir werden das Urteil also heute vollziehen. Um genau zu sein: SIE werden es vollziehen, also dabei anwesend sein und die Entscheidungen geben. Wie ist ihre Meinung zur Katze?“

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