Während die Pully ihre rauschenden Röcke auf der Couch zurecht faltete, drückte Therese den Knopf der Gegensprechanlage und herrschte den "reizenden" Jean-Luc im Befehlston an:
"Jean-Luc! … Eine Kanne Tee, Milch und Zucker … und für mich eine Tasse Kaffee mit Muskat! Und dieses Mal ein bisschen flotter, sonst können Sie demnächst im Archiv Beamtendreikampf üben""
Lochen - heften - ablegen. …*klick* noch ehe der Sekretär etwas hätte erwidern können, hatte die Cabarrus den Knopf der Anlage schon wieder los gelassen. An ihrer Art gegenüber ihrem Untergebenen war unschwer zu erkennen, dass Therese von dessen Arbeitsleistung allgemein nicht sehr begeistert war.
"Vielen Dank, Mademoiselle. Es freut mich, dass Sie meinen Geschmack teilen. Ich versuche diesem Büro wenigstens ein bisschen mehr Glanz und eine persönliche Note zu geben. Nur das Personal hier ist leider resistent gegenüber jede Art von Veränderung. Aber lassen wir das …."
Beiläufig ging Therese auf die Eingangsfloskeln hinsichtlich der Gestaltung ihres Büro ein, als auch auf die Unfähigkeit gewisser Mitarbeiter des Parlaments, von dem sie nun Teil war. Ein Teil eines Apparates, dessen Funktionsweise für Außenstehende wohl kaum nachvollziehbar war. Am wenigstens wohl für ein Starlet wie Pully, die sich augenscheinlich noch ein bisschen schwer mit dem ganzen Hofzeremoniell tat. Der angedeutete Knicks der Pully hätte bei der einen oder anderen adeligen Dame wohl für Belustigung gesorgt, nicht so hingegen bei Therese.
Im Gegenteil war Therese davon angetan, dass die Pully ihr Bestes gab um sich den Kreisen anzupassen, in denen sie neuerdings verkehrte. Viel interessanter, als das Verhalten und das Outfit der Pully, war aber der Grund weshalb sie heute hier war.
Mit wachsender Aufmerksamkeit lauschte Therese dem nun folgenden Geplapper da sie verstehen wollte, weshalb die Pully ihr diese Hinterhofgeschichte überhaupt auftischte. Worauf wollte sie nur hinaus? Oder war die Pully am Ende gar ziemlich gerissen und nicht zu unterschätzen? Therese hatte in ihrem Leben schon genug Geschichten gehört, aber spätestens bei folgenden Worten schrillten Alarmglocken in ihrem Kopf und wanderte ihre Augenbraue langsam nach oben, während sie der Jüngeren tief in die Augen blickte (Ein Blick, der an den der Schlange erinnern mochte, die just eine Maus erspäht hat):
… traf ich auf einen mir bis dahin fremden Mann. Und es war nicht die Sorte Mann mit der ehrbare Damen… äh... ehrbare Damen wie sie Umgang pflegen würden. Was verwunderlich ist, denn in dem darauf folgenden Gespräch fiel auch ihr Name. Therese Cabarrus.”
Was sollte das jetzt heißen? Wohl genau das, wonach es sich anhörte bzw. anhören sollte, wenn jemand unterschwellig Andeutungen machte und ganz danach klang, als würde er Profit daraus schlagen wollen.
<So so, kein Umgang für ehrbare Damen. Und weiter? Mein Name wird sicherlich nicht einfach so gefallen sein, also raus mit der Sprache - was bezweckst du damit?> Therese setzte ein freundliches Lächeln auf, während sie mit fast schon zu süß klingender Stimme zur Antwort gab:
"Oh, …puh, … da bin ich aber erleichtert, dass Sie mich für eine ehrbare Dame halten! Man weiß ja nie, was irgendwelche dahergelaufene Gestalten in dunklen Hinterhöfen so über einen daher reden, nur weil sie irgendwo einen Namen aufgeschnappt haben. Auf einem Wahlplakat zum Beispiel, oder aber in den Medien …" <Noch ein Beispiel gefällig? Wie wäre es mit der Geliebten des Kardinals?>
Just in dem Moment ging die Türe auf und Jean-Luc brachte das Bestellte herein. Etliche Sekunden des Stillschweigens verstrichen, während der Sekretär den Tee und Kaffee reichte, ohne seine Chefin eines Blickes zu würdigen. Anschließend setzte Therese erneut zum sprechen an:
" In den … " <Herrgott, was ist denn nun schon wieder?> Erneut wurde die Tür geöffnet und herein kam …
Verwundert verfolgte Therese die wundersame Erscheinung Jussac´s, ohne von der überbrachten Notiz Notiz zu nehmen. Vorerst! Später würde sie die Notiz sicher lesen bzw. die darin versteckte Botschaft entschlüsseln. Also auf ein Neues
< wo war ich --- ach ja>:
"Ehm, was ich sagen wollte: … In den Medien wird ja auch so viel Unsinn berichtet, über Sie und den Kardinal. Den Medien kann man im Grunde ebenso wenig Glauben schenken wie so mancher Hinterhofgeschichte. Nicht wahr, Mademoiselle Pully? … Dennoch interessiert es mich brennend, wer da meinen Namen in irgendeinem Hinterhof erwähnt hat. Sie haben sicher auch einen Namen für mich? Und gab es da nicht noch einen zweiten Grund, weshalb Sie heute hier sind?"
Fragend ruhten Therese´s Augen weiterhin in denen der Pully … gebannt auf eine Erklärung wartend …