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Bureau der Abgeordneten Cabarrus Après moi le déluge

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Dienstag, 3. März 2020, 11:49

Après moi le déluge

Monsieur du Lac hat am späten Morgen gepudert, perrückt und adrett wie eine alte Vogelscheuche aus dem 18. Jahrhundert das Parlament betreten, mit den alten Bekannten geschnackt, ein paar Floskeln ausgetauscht, sich über den Smog in der Hauptstadt beklagt und die guten Genesungswünsche an die abwesenden Buchstützen und sonstigen Speichellecker mit Fettverstopfungen weitergegeben. Marat ist nur froh, dass man den Polizeiminister hier so selten sieht, der hat ihn schon seit Jahren auf dem Kieker, konnte ihm jedoch nie etwas nachweisen. Zudem weiß er aus anderen Quellen, dass der große Kunstraub vor zwölf Jahren die schwarze Akte des alten Ministers ist, der ungeklärte Fall, über den er immer mal wieder grübelt. Also insgesamt eine sehr unerfreuliche Angelegenheit für Marat, wenn er doch einmal alle Verbindungen zusammensetzen sollte. Und gleichzeitig eine Gestalt, die er nicht so einfach loswerden kann. Gegen den Polizisten ist der hier achso gefürchtete Duroc für Marat relativ langweilig. Deswegen sieht Durocs Portrait für den Nachtwächter auch nur wie ein schläfriger Zombie aus.

Nachdem er reichlich Zeit verschwendet hat, humpelt du Lac schwer auf seinen arg geschundenen Spazierstock gestützt, leicht schnaufend unter seinen Arbeitsmaterialien und dem mitgeführten Geschenk die Treppen hinauf. Fahrstühlen misstraut Marat, da kommt man so schlecht heraus, wenn es einmal brenzlig werden sollte. Und für Marat wären die Treppen ja auch nicht schwierig, aber der alte du Lac geht ja auch nicht wie Marat jeden Morgen Laufen, jeden Mittwoch Schwimmen und alle zwei Tage zum Kraft- und Ausdauertraining in ein nahes Fitnessstudio. Nein, du Lac ist ein leicht übergewichtiger, verschmitzter und gemütlicher Künstler mit einem etwas steifen linken Bein. Von dem kann man nicht erwarten, hier ohne den einen oder anderen Schnaufer die Treppen zu steigen.

Dann kommt er beim Büro an, aber du Lac muss noch einmal blind daran vorbeilaufen, denn der Meister ist bei seiner Kunst, ein wenig zerstreut schon in Gedanken an das nächste Bild. Marat hat schon vor langer Zeit aufgehört, sich selbst albern zu finden. Man muss schließlich in den Leben aufgehen, das gehört zur Kunst dazu. Also bleibt du Lac schließlich mit einem abschließenden Schnaufer vor der richtigen Tür stehen und klopft mit seinem Stock sacht gegen den Rahmen.
Künstler zeigen die Wahrheit durch die Lüge

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Mittwoch, 4. März 2020, 21:51


An Jean-Luc (Therese´s Privatsekretär) kamen nur wenige Besucher ungesehen vorbei. Außer er verließ seinen Posten - einen kleinen Schreibtisch in einer Nische am Ende des Ganges, von wo aus er mittles eines Spiegels stets die Bürotür seiner Chefin im Auge hatte - um einem dringendem Bedürfnis nachzugehen. Und dringende Bedürfnisse hatte Jean-Luc viele als da unter anderem zu nennen wären: die üblichen Stoffwechseltätigkeiten eben, die obligatorischen Morgens-/Mittags-/Nachmittagsnickerchen im Kopierer Raum, sowie das Nachstellen junger Praktikantinnen um ihnen (mit Hilfe des bereits erwähnten Spiegels) unter die …

… aber nicht so heute! Heute saß Jean-Luc auf seinem Posten und so bemerkte er sofort den altbekannten schrulligen Maler, dessen Termin er vorsätzlich seiner Chefin unterschlagen hatte. Nebenbei sei erwähnt, dass er und sie nicht gerade das beste Verhältnis miteinander hatten (natürlich rein dienstlich) und es ihm deshalb ein regelmäßiges Bedürfnis war, sie in irgendeiner Form zu triezen. Die Retourkutsche erhielt er meistens sofort, manchmal auch erst später, doch heute war der Überraschungseffekt eindeutig auf seiner Seite.

Mit dem Lächeln eines Siegers auf den Lippen wuselte der kleine Sekretär sofort los, um Monsieur du Lac mit einer tiefen Verbeugung zu begrüßen und ihm zuvorkommend die Türe aufzuhalten: ""Monsieur du Lac, wenn ich bitten darf, Sie werden schon erwartet"". Mit einer geschickten Drehung und in gebückter Haltung schoss Jean-Luc vor dem Maler in den Raum und brachte seine Chefin - wie so oft - zur Weißglut, indem er ihren Namen und Titel absichtlich verunstaltete:

"Verzeihung Duchesselein … aber Monsieur du Lac wäre jetzt hier, … wegen dem Bild … Sie entschuldigen mich, ich müsste dann mal wieder."

sprachs und dirigierte du Lac mit wedelnden Armen auch schon mitten ins Büro, aus welchem er sich flink wie ein Wiesel sofort wieder zurück zog, noch ehe Therese recht begriff wie ihr geschah:

"Wer? …was für ein Bild … hatte ich einen Termin`…..Jean-Luc …JEAN-LUC!"

Irritiert starrte Therese kurz zu der Türe, hinter der ihr Sekretär verschwunden war und sie hatte wenig Hoffnung, dass er auf ihr Rufen hin reagieren würde. Also wanderte ihr Blick zu dem Gast, der in der Tat nicht zu übersehen war. Diese Perücke, das augenscheinlich gepuderte Gesicht, dazu der Stock und die Kleidung. <Du meine Güte … ach ja, der Maler … von dem man hier so viel erzählt und dessen Bilder hier überall herum hängen. … von allen Abgeordneten … oh je, ich glaub mir schwant etwas …>

Therese schluckte ihre Verwunderung und ihre Wut auf Jean-Luc gedanklich hinunter und versuchte stattdessen professionell, freundlich und zuvorkommend zu wirken:

"Ach ja, Monsieur du Lac, der Maler, richtig? … Bitte verzeihen Sie, dass ich nicht sofort reagiert habe."

Mit diesen Worten stand Therese hinter ihrem Schreibtisch auf, ein freundliches und offenen Lächeln auf den Lippen, um ihren Gast gebührend zu begrüßen, indem sie ausnahmsweise die veraltete Anrede verwendete.

"Darf ich Sie so nennen? Aber bitte, wollen wir uns nicht setzen? Möchten Sie etwas trinken? … Es ist mir im übrigen eine große Freude und Ehre Sie endlich einmal persönlich kennen zu lernen. Ihre Bilder konnte ich ja bereits hier überall bewundern. …"

Bewundern oder wundern, denn manche Portraits wirkten doch sehr "seltsam" ohne genau sagen zu können woran es lag.
Therese Cabarrus
Comtesse de Belleville et Duchesse de Bari
Seigneuresse de Château Lafite
Membre de la Convention Nationale

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Donnerstag, 5. März 2020, 10:22

Ah, ja, auf den Sekretär hier war wirklich Verlass. Schon beim Vorgänger hatte er sich durch zuvorkommende Tüchtigkeit ausgewiesen und wer mit ihm harmonierte und seine Marotten toleriert, der mochte es weit bringen. Schade nur, dass Antoine Belzac - der vorherige Besitzer dieses Büros, bei Nacht ein Zyklop - einen bedauerlichen Unfall mit einem Esel, einer glatten Straße und einer abgebrochenen Speiche hatte. Bedauerlich für ihn, doch gut für Marat und ein neues Portrait, für das er wieder gut entlohnt werden würde. Nun, du Lac war nicht so schnell bei solchen Dingen und so rief er Jean-Luc beim Gehen nur hinterher: "Jean-Luc, lange nicht gesehen, Ihre Kompetenz ist wie immer encroiable! Ich bin entz-" Da fiel die Tür hinter dem Sekretär zu und unterbracht du Lacs Redefluss.

Etwas unsicher sah du Lac sich um zu der Bürobesitzterin, während Marat sie aufmerksam musterte. Sie sah ganz anders aus als in der Akte, die er vor einem halben Jahr kopiert hatte. Nun, als Edelkurtisane wusste man sich sicherlich herzurichten. In seiner Jugend hatte Marat seinen Körper auch einmal verkauft, dies war im Rahmen seiner Ausbildung gewesen, doch mehr als einen Hauch Sympathie konnte er da nicht für seinen Gegenüber aufbringen. Seine Ziele hatten nichtmal anständige Bilder in ihren Häusern hängen, die es sich zu sammeln gelohnt hätte. Nun, du Lac beugte seinen Kopf etwas steif und lächelte verschmitzt. "Votre excéllence, es ist mir eine besondere Ehre und Freude, Eure Bekanntschaft zu machen. Ich hoffe, Ihr verzeiht gnädigst meine Verspätung." Sein Sprachduktus war kultiviert und etwas hochtrabend, doch das erforderte die Rolle. "Jean-Babtiste du Lac, zu Euren Diensten. Ich kann es kaum erwarten, Euer magnifigue Gesicht auf die Leinwand zu bringen. Ich hoffe, mit meiner bescheidenen Kunst Eurem Glanze gerecht zu werden!" Du Lac redete sich in künstlerische Rage, seine Begeisterung fast überschlagend.

Marat legte den Kopf ein wenig schief, er hatte sich noch nicht entschieden, wie ihr Bild im Dunkeln wirken sollte, doch da kam ihm eine Idee. Es war ein dreister Kunstgriff, aber vielleicht könnte er eine zweite Ebene in ihr Gesicht legen, als wäre sie zwei Frauen in einem. Die ehrbare Abgeordnete und die schamlose Kurtisane. Die Heilige und die Hure, ein klassisches Bild. Nunja, heilig war sie ja auch jetzt sicher nicht. Der Großteil der Politiker hier machte für ein wenig Geld jetzt auch noch die Beine breit, wenn auch nur im übertragenen Sinne. Prostitution auf hohem Niveau.

Du Lac schüttelte unmerklich den Kopf, sie hatte ihm eine Frage gestellt! "Vielleicht etwas Wasser?" Innerlich schauerte es Marat, das Wasser hier war sicher genauso mies wie im Hotel.
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Freitag, 6. März 2020, 22:36

Das fehlte gerade noch, dass ihr nerviger Sekretär hier einen Plausch mit alten Bekannten anfing. Zum Glück hatte es Jean-Luc ausnahmsweise mal besonders eilig, was Therese einerseits wunderte andererseits aber auch ganz gelegen kam. Schließlich wollte sie nicht jedes Mal laut werden müssen, um ihren Untergebenen in die Schranken zu weisen. Abgesehen davon war Jean-Luc ohnehin resistent gegen jegliche Disziplinarmaßnahmen und von ihr ließ er sich gleich zweimal nichts sagen. Das war wohl auch der Grund weshalb er sich ihr gegenüber so unmöglich aufführte, weil sein männliches Ego es einfach nicht verkraften konnte unter einer Frau zu arbeiten. <Sei´s drum …>

Therese atmete einmal tief durch und ihre ganze Aufmerksamkeit galt wieder dem Künstler, dessen Erscheinungsbild an eben jene Zeit erinnerte, aus der Jean-Luc entstammte, als hier im Parlament noch das Patriachart vorgeherrscht haben mochte. Aber das Äußere zählt ja bekanntlich nicht allein, wobei der erste Blick durchaus entscheiden konnte, ob man jemanden sympathisch fand - oder eben nicht.

Und du Lac schien ein netter umgänglicher Zeitgenosse zu sein, ein homme bien élevé der alten Schule, was seine guten Umgangsformen zweifellos erkennen ließen. Nebenbei bemerkt wirkten solche Männer wie du Lac, mochten sie auch nicht mehr im jugendlichen Glanze erstrahlen, durchaus "anziehend" auf Therese, was aber nicht hieß, dass sie deswegen gleich Herzklopfen bekäme. Es war wohl mehr ihrer "beruflichen" Vergangenheit geschuldet und der Tatsache, dass meistens die älteren Männer Einfluss besaßen und darüber hinaus gut situiert genug waren, um Therese´s ausschweifendem Lebensstil zu genügen.

Heute war Therese jedoch nicht mehr darauf angewiesen und darüber war sie nicht unglücklich. Ihre Bewunderung für den Maler war also rein der Hoffnung geschuldet, er möge ein möglichst vorteilhaft wirkendes Bild von ihr erschaffen. Seine Begeisterung wirkte jedenfalls echt und schmeichelte natürlich, sodass Therese ihm gerne ein strahlendes Lächeln schenkte während sie das gewünschte Glas Wasser servierte.

Dieses platzierte Therese auf dem Beistelltisch zischen den beiden Ledersesseln, welche sie für das weitere Gespräch vorgesehen hatte und mit einer einladenden Geste überließ sie ihrem Gast den Platz seiner Wahl.

"Sie machen mich neugierig, Monsieur du Lac. Haben Sie denn schon eine ungefähre Vorstellung, wo und wie Sie mich malen wollen? Etwa hier in meinem Büro, während ich arbeite, oder muss ich absolut still sitzen? … Oder genügt Ihnen ein Foto von mir?"

Sprudelte es aus Therese heraus, nachdem sie ihm gegenüber Platz genommen hatte. Die Anfertigung eines Gemäldes würde sicher einige Zeit in Anspruch nehmen und die Vorstellung, Stunden nur mit dasitzen zu verbringen, schreckte sie ein bisschen ab.
Therese Cabarrus
Comtesse de Belleville et Duchesse de Bari
Seigneuresse de Château Lafite
Membre de la Convention Nationale

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Samstag, 7. März 2020, 22:45

"Ah, ah, excellénce, man darf die Kunst nicht hetzen. Und ich will Euch ja auch nicht Eure wertvolle Zeit stehlen, das wäre doch im höchsten Maße verwerflich. Ich dachte nur an einen ersten impression." Marat nimmt mit Freuden zur Kenntnis, dass das Wasser hier doch von einer besseren Qualität ist. Aber wo haben sie nur diese Gläser her? Er musterte es kurz interessiert, während er seiner Rolle unangemessen mit unerhörter Leichtigkeit und Eleganz in einen Sessel glitt. Erst ein ganzes Stück danach fiel es ihm auf und er beugte sich mit einem dann doch gut geübten Ächzen nach vorn. Vielleicht war dieser kurze Lapsus ja nicht auffällig gewesen.

"Wenn die Zeit heran ist und ich Eure passion angemessen verinnerlicht habe, werden wir zwei kleine Visualisierungen durchführen. Dabei müsset Ihr nur jeweils so zehn Minuten still sitzen. Ich kann Euch nur an Euer vorzügliches Herz legen, dies vorher einmal zu üben, es ist nicht ganz so einfach, wie es immer wirkt." Er hoffte, dass sie durch die Informationen angemessen abgelenkt wurde. Und daneben musste sie darauf natürlich wirklich achten. Nun, Marat hätte sie jetzt auch schon aus dem Gedächtnis malen können, aber du Lac brauchte seine Schrullen und Exzentriken. Und was nun das still sitzen anging, so musste sie das hier im Parlament ja bereits üben. Da gab es Abgeordnete, denen man noch nichtmal ansah, dass sie schliefen, weil sie die ganze Zeit aufmerksam in die Gegend starrten und die Reflexe besaßen, auf Kommando aufzuwachen.

"Aber ich wollte mich Euch auch anempfehlen, Euer Gnaden, über die Jahre konnte ich hier vielen treuen Staatstragenden wie Euch mit Rat und einem offenen Ohr zur Verfügung stehen. Und so eine Angelegenheit hat mich neben dem Termin für euer Gemälde auch zu Euch geführt. Ein gemeinsamer Bekannter" dabei wurde sein freundliches verklärtes Lächeln kurzzeitig süffisant, da er ja hier als du Lac über Marat sprach, den die Cabarrus so ja indirekt mitkennenlernte und so als bekannt gelten lassen könnte - wenn man denn die Wahrheit soweit strecken konnte, dass sie die Treppe hinunterfiel und einen bedauerlichen Unfall ohne Aussicht auf Besserung erlitt. "bat mich, Euch diesen edlen Stoff mitzubringen, auf das Ihr dies mit einem Mann teilt, der Eurem Herzen am nächsten ist. Seine Formulierung, nicht die meinige. Bedauerlicherweise habe ich keinen blassen Schimmer, was das bedeuten soll. " Du Lac hatte das sicher nicht, als er leicht nervös in seiner Anstellung als Vertrauensbote zwischen den Persönlichkeiten aus den Tiefen seiner Arbeitstasche das zusammengefaltete, luftdicht und lichtundurchlässig verpackte Leichentuch der verstorbenen Frau von Barras herausholte. In diesem Tuche fanden sich neben Spuren von Tränen und Blut eingenäht die Waffe und die Fingerkuppe des linken Mittelfingers des Mörders, in anderen Vakuumbeutel extra präserviert für den entscheidenden Augenblick. Ach, wenn der arme du Lac nur wusste, was er da herumtrug, er würde bleich werden und stottern und stolpern. Doch so lächelte er nur freundlich und trank etwas Wasser.

"Und? Kann ich auch etwas für Euch tun außer dem Gemälde?"
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Sonntag, 8. März 2020, 11:40

Die Wandelung welche, für Bruchteile von Sekunden, eine andere Person hinter du Lac hätte vermuten lassen können, entging Therese völlig. Schließlich galt ihre ganze Aufmerksamkeit dem Künstler und seinen Worten, so wie einst in der Schule dem Lehrer, welcher just im Begriff war sein ganzes Wissen und seine Erfahrung mit ihr zu teilen.

" Zehn Minuten still sitzen?!" <Und das mal zwei? Naja, das hab ich mir schlimmer vorgestellt> " … Nun gut, ich werde mich darin üben, um mich gebührend auf unsere beiden Séancen vorzubereiten, Maitre. Bis wann hattet Ihr geplant, mit den Sitzungen zu beginnen?."

versprach Therese lächelnd ohne einen Schwur darauf zu geben, ob sie tatsächlich die Zeit dafür finden würde. Sie wusste aus eigener Erfahrung, dass solche vermeintlich einfachen und schnell zu erledigenden Aufgaben meist ebenso schnell untergingen, im alltäglichen Trubel und davon hatte sie in letzter Zeit mehr als genug. Andererseits wollte sie aber auch nicht riskieren, dass am Ende ein schlecht getroffenes Portrait von ihr in den Hallen des Parlament hängen würde.

Ein Hauch von Verwunderung huschte sogleich über Therese´s Gesicht als du Lac nun von dem eigentlichen Anliegen abwich, um stattdessen in Rätseln zu sprechen. <Ein gemeinsamer Bekannter? Wer soll das sein?> Das konnte jeder oder niemand sein, bezogen auf den nicht gerade keinen Bekanntenkreis, den Therese über Jahre hinweg aufgebaut hatte. Wobei manche "Bekannte" es mehr oder weniger gerne sahen, wenn sie in der Öffentlichkeit mit Therese in Verbindung gebracht wurden.

Der noch unbekannte Bekannte wollte ihr aber anscheinend eine Nachricht zukommen lassen, verbunden mit einem Mitbringsel. <Einen edlen Stoff? Ist da nicht etwas eingewickelt? Und mit dem Mann, der meinem Herzen am nächsten ist, soll ich es teilen?> Sogesehen konnte das nur Thierry sein, doch woher kannte du Lac ihn? Nun wirkte Therese noch verwirrter während sie auf das Tuch starrte und nicht so recht wusste, ob sie es nehmen- und vor allem was die damit tun sollte:

"Ich muss gestehen, Maitre, ich bin gerade ein wenig verwirrt und ich habe - ebenso wenig wie Ihr - keinen blassen Schimmer, was das bedeuten soll. … Helft mir doch bitte und sagt mir, von welchem gemeinsamen Bekannten Ihr gerade gesprochen habt."

Vielleicht half ja der Name und zumindest diesen musste du Lac kennen, wie er selbst gesagt hatte. Therese sah entsprechend fragend und erwartungsvoll in du Lac´s Augen während sie noch zögerte das Präsent entgegen zu nehmen.
Therese Cabarrus
Comtesse de Belleville et Duchesse de Bari
Seigneuresse de Château Lafite
Membre de la Convention Nationale

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Montag, 9. März 2020, 09:29

"Er nannte sich . . . Madras oder so, wie die Fleischtaschen, glaube ich. Der Endempfänger soll ihn angeblich kennen." Du Lac zuckte ebenso ratlos die Schultern, dann legt er ächzend den Packen auf den Tisch, denn solange konnte er das Ganze als Künstler nun eh nicht hochhalten. Marat war über die Entwicklung nicht überrascht, aber die Vorschüsse für das Gemälde waren die letzten Geldflüsse, die er wohl bis zur Versammlung brauchen würde. Im Notfall musste er halt an das Ersparte gehen, für den Fall dass Barras gleich morgen seine Treibjagd nach ihm begann.

Du Lac blinzelte ein paar Mal, dann fiel ihm die andere Frage wieder ein. Aber ein Gedanke hielt ihn noch in der vorherigen Problematik fest. Konnte du Lac Barras kennen? Das war in den Kreisen ja nicht ausgeschlossen, vielleicht vom Sehen, aber sicher nicht im direkten Gespräch, sonst hätte Barras ihn in der Galerie wegen der Stimmähnlichkeit zuordnen könne. Nun, er und Marat waren sich ja nur begegnet, als es darum ging, ihn außer Landes zu schaffen. Das war interessant gewesen, so voller Unwägbarkeiten, dass er es fast ohne Bezahlung gemacht hätte. Aber das hätte zu verdächtig ausgesehen. Du Lac kannte Barras also nicht, das sollte klargestellt werden. "Äh, ich weiß auch nicht, wem Ihr das geben sollt, ich hab nur die seltsamen Anweisungen bekommen, es Euch so zu übergeben."

Er holte einmal tief Luft. "Wann passt es Euch denn zeitlich in der nächsten Woche am besten für eine erste Sitzung in Eurem Büro? Leinwand und Farbe bringe ich mit, eine Staffelei sollte Euer tüchtiger Sekretär aufzutreiben wissen." Er würde das Bild heute abend malen und morgen war es wohl fertig. Wenn er es wirklich darauf anlegen würde, könnte er ganz dreist morgen die Bezahlung einfordern und dann du Lac beerdigen, wenn Barras noch heute von dem Paket erfuhr. Aber dann würde nicht nur Barras unruhig werden, sondern sicher auch die Cabarrus und jeder im Parlamente, der oder die sich noch bewusst war, wie lange der Meister immer für seine Gemälde gebraucht hatte. Das Risiko musste Marat noch abwiegen.
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Dienstag, 10. März 2020, 11:39

<Madras? … wie die Fleischtaschen? … mit M? … Mandu, Manti, Modak, Momo> Ein geläufiger Name - vornehmlich mit M beginnend und an eine derartige Speise erinnernd - wollte Therese im Augenblick partout nicht einfallen. Vielleicht konnte Thierry damit etwas anfangen. Der Maitre schien jedenfalls keine weiteren Erkenntnisse zu dem Auftraggeber liefern zu können, wobei Therese es schon seltsam fand. Schließlich musste er diesen "Madraswieauchimmer" ja gesehen haben, als er das Päckchen übernommen hatte. <Oder lag das Bündel plötzlich vor seiner Tür, mit einem Zettel dran? … Schon seltsam.>

Wie auch immer. Therese wollte jedenfalls nicht weiter nach bohren und ebenso wenig wollte sie dieses seltsam anmutende Stoffbündel hier und jetzt in Augenschein nehmen. Das sollte besser Thierry übernehmen, oder zumindest sollte er mit dabei sein wenn sie es öffnen würde.

"Nun ja, … kein Problem, Maitre. So viele Männer stehen meinem Herzen nun auch nicht nahe. Ich denke ich werde den Richtigen schon finden."

Versuchte Therese dieses Thema abzuschließen, indem sie einen kleinen Scherz in Bezug auf den- oder diejenigen machte, für den/die ihr Herz schlug. Und der Endempfänger würde hoffentlich mit dem Inhalt etwas anfangen können. Doch darum würde sie sich später kümmern, denn eigentlich ging es du Lac ja um das Bild.

Ohne dem Bündel weitere Beachtung zu schenken, sah Therese den Maler freundlich lächelnd an während sie auf seine Frage hin kurz überlegen musste: <Wann passt es mir am besten? … Hm, am besten so schnell wie möglich, ehe es mit den Sitzungen so richtig los geht.>

"Ich werde meinen " <nichtsnutzigen > "Sekretär noch heute damit beauftragen und ich denke, bis Anfang nächster Woche sollte er die Staffelei in jedem Fall besorgt haben." <Irgendwo hier in diesem Haus wird es wohl eine Staffelei geben, schließlich ist das ja nicht das erste Bild das hier entsteht>

Therese war zuversichtlich, auch was ihren Terminkalender betraf <10 Minuten pffff, die kann ich irgendwo schon dazwischen schieben.>:

"Wir können von meiner Seite aus gerne gleich am Montag beginnen, Maitre und selbstverständlich nehme ich mir die Zeit für Euch, wann es für Euch am besten passt. Ich verspreche auch fleißig bis dahin zu üben, so wie Ihr es mir empfohlen habt."

Erwartungsvoll blickte Therese in die Augen des Künstlers, bereit, den Termin für Montag sogleich zu fixieren und Jean-Luc nach der Staffelei zu schicken.
Therese Cabarrus
Comtesse de Belleville et Duchesse de Bari
Seigneuresse de Château Lafite
Membre de la Convention Nationale

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Mittwoch, 11. März 2020, 10:22

Du Lac machte daraufhin Anstalten, sich zu erheben. "Gut, dann will ich Euch nicht weiter stören; Ihr habt sicher viel zu tun. Oder habt Ihr etwas auf dem Herzen? Ich kann schweigen wie ein Grab, wenn Ihr einmal mit jemanden sprechen wollt, der kein Politiker ist. . . " Was sollte man hier groß zu tun haben außer Schlafen, Tratschen und Stimmen kaufen? Die Zahl der arbeitenden Politiker konnte man an einer Hand abzählen. Selbst wenn die Cabarrus zu denen gehörte, würde das maximal zwei Monate anhalten. Du Lac freute sich auf den Spaziergang in der Frühjahrssonne und Marat auf die Zweihundertmeterschwimmbahn am Place de la Soleil.

Marat war zufrieden, also überlegte er den Nachtwächter noch mehr zu verstören als sonst, indem er einfach nur so ein Gemälde ohne Trick malen würde. Der Nachtdienst würde sich wundern, wenn die Cabarrus dann die einzig normale im Horrorkabinett wäre. Damit würden sich die armen Leute wahrscheinlich auch vor ihr real fürchten. Aber sie hätte dann einfach nur ein normales schönes Bildnis.
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Freitag, 13. März 2020, 08:18

Je länger Therese über das Stoffbündel nachgrübelte, umso dubioser kam ihr die Sache vor: <ich soll es mit einem Mann teilen, der meinem Herzen am nächsten steht?> Das konnte nur Thierry sein. Er war schließlich der Einzige in ihrem Leben mit dem sie keine reine Zweckbeziehung führte. Selbst mit Tallien, ihrem Ex-Gatten, verband Therese nicht mehr als Erinnerungen an ein paar turbulente Stationen ihres Lebens und letztendlich hatte sie ihn nur deswegen geheiratet, um von seinem politischen Einfluss zu profitieren.

Ja ja, Therese hatte in ihrer Vergangenheit stets darauf geachtet, welchen Nutzen sie aus ihren zahlreich vorhandenen Beziehungen ziehen konnte und deswegen hatte sie nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Nur bei Thierry hatte nie mehr erwartet und erhofft, als ein paar schöne Stunden mit ihm zu verbringen und bei ihm war dies wohl nicht anders. Mit ein Grund, weshalb sie nie richtig von einander los kamen und ebenso wenig würden sie je zusammen finden …

Doch wer wusste schon was die Zukunft noch alles für sie bereit halten mochte. Du Lac würde es ihr sicher nicht sagen können und auch in Bezug auf das "Päckchen" konnte er ihr leider nicht weiter helfen. Warum auch? Seine Aufgabe war es Bilder zu malen.

Die Frage und das Angebot des Malers überraschte Therese im ersten Moment. Nicht wegen der Gelegenheit zu einem netten Plausch sondern hinsichtlich seiner Worte, wenn sie "etwas auf dem Herzen hätte" und, dass er "schweigen kann wie ein Grab". Spontan wäre Therese nur eingefallen, den Maler über ihre werten Konventskollegen auszuhorchen. Über deren "Schwächen", Vorlieben und Abneigungen …

<Oh Maitré, bitte erzählt mir doch ein bisschen von den Geheimnissen, die Ihr sicherlich bei Eurer täglichen Arbeit hier im Parlament so ganz nebenbei erfahrt> Nein! Sofort verwarf Therese diesen dummen Gedanken wieder, denn ein solches Vorgehen wäre natürlich viel zu plump und offensichtlich. Aber in einem netten Plausch verpackt, könnte sie ihm vielleicht einige interessante Informationen entlocken. Aber nicht sofort, sondern erst nachdem sie in Erfahrung gebracht hatte, was in dem Päckchen war.

Somit war für heute alles Wichtige gesagt und Therese stand nun ebenfalls auf, um du Lac lächelnd die Hand zu reichen. Dabei fiel ihr etwas passendes ein, womit sie weiter mit du Lac im Gespräch bleiben könnte. Nichts persönliches, sondern eher schon mit einem Hintergedanken, welcher aber nichts weiter mit dem Maler zu tun hatte:

"Ich danke Euch für Euer Angebot, werter Maitré. Liegt uns nicht Allen mal etwas am Herzen, über das wir gerne sprechen möchten? … Vielleicht bei unserem nächsten Treffen? … Mich würde zum Beispiel interessieren, was Ihr von den kulturellen Angeboten unserer Hauptstadt haltet."

Viel Kulturelles gab es augenscheinlich nicht in Corinnis zu bewundern und das wäre vielleicht ein Thema, dem Therese sich in Ihrer Funktion als Abgeordnete widmen könnte. <Brot und Spiele für das Volk. Das hat schon immer funktioniert. Und gerade in Zeiten drohender Kriege und Auseinandersetzungen ist es vielleicht gar keine schlechte Idee, wenn ich mich damit in der Öffentlichkeit beliebt machen könnte.>
Therese Cabarrus
Comtesse de Belleville et Duchesse de Bari
Seigneuresse de Château Lafite
Membre de la Convention Nationale

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Dienstag, 17. März 2020, 16:19

Ah, Kunst, ein vertrautes Terrain, mit dem er sich schon oft umgeben durfte. Nun, vielleicht konnte er in dieser Hinsicht die Abgeordnete überraschen und auch du Lac war kunstfixiert genug, um die obskuren Begrifflichkeiten zu kennen. Der Meister beugte sich kurz vor und sank dann in den Sessel zurück, ein träumerisches Lächeln in seinem Gesicht.

"Oh, Ihr täuscht Euch, Ehrwürdige, es gibt viel mehr als die meisten glauben, doch ist es verborgen, so dass unwürdige Geister dem nicht gewahr werden. Seht, vieles ist sogar so gut verborgen, dass es sogar vor aller Augen zu sehen ist. Nehmt doch nur die hohlen Gassen auf dem kahlen Berge, dort gibt es Straßenzüge, die Labyrinthen gleichen und dies ist durchaus Absicht, denn sie sind planmäßig angelegte astrologische Konstellationen der wichtigsten Sternzeichen in der Geschichte Outremers. Jede dieser Gassen ist mit einem anderen Muster auf den Hauswänden gemauert worden, doch vieles ist unter Ruß und Staub verborgen. Die Konstellationen der Virgo und des Taurus sind bereits durch unbedachte Modernisierung und Sanierung zerstört worden."
Er nimmt einen Schluck.

"Dann gibt es die unterirdischen Gärten von Gezou, die für einen verstorbenen Kunstmäzen im späten 19. Jahrhundert unter dem Place de la Renaissance angelegt wurde. Dieser skurille Garten besteht aus Pilz- und Flechtenmustern, die fluoriszieren und ein unvergessliches Schauspiel in der Finsternis bieten. Er wird von der Famile Papilliou gepflegt und ist nur viermal im Jahr zu besichtigen. Das pompös erscheinende Zutrittshonorar lohnt sich wirklich." Er lächelt wehmütig.

"Dann gibt es den verhexten Glockenturm des scharlachroten Magisters. Die dazugehörige Kirche der stöhnenden Jungfrau brannte kurz nach der Errichtung ab und alle weiteren Bauten und Neuerrichtungen wurden ebenfalls von seltsamen Unglücksfällen geprägt. Der Turm dagegen hält sich trotz aller Legenden und Rätsel um ihn. Er ist ein wenig schief gebaut und die obersten Stockwerke stehen scheinbar verkeilt und verdreht ineinander. In seinem Innern sind die Wände in beunruhigenden Farben und Mustern gestrichen, die schon bei einigen Beobachtern Unwohlsein und Elepsie ausgelöst haben. Die Glocke hat man mittlerweile entfernt. Scheinbar scheint ihr Klang durch den Bau und ihre eigene spezielle Anfertigung eine geradezu abführende Wirkung zu entfalten. Also wenn Ihr den Drang nach etwas Selbstfolterung verspürt, ist das sicher der beste Ort."
Er wedelt mit der Hand, als wolle er Dämonen vertreiben.

"Und dann gibt es ja noch die Silberne Grotte, die Säulen des Seufzens, die gebrochene Treppe der Madame Papille, die Tränen der gepeitschten Heiligen, die ertränkten Sünder, das Pantheon der gepfählten Götter . . . ich hoffe, ich langweile Euch nicht?"
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Donnerstag, 19. März 2020, 11:55

Das zu Ende geglaubte Gespräch entflammte erneut, angesichts der brennenden Leidenschaft des Maitré für das von ihr angeschnittene Thema. Also sank Theres ebenfalls zurück in ihren Sessel, um den folgenden fulminanten Ausführungen mit wachsender Begeisterung zu lauschen.

"Ihr langweilt mich mitnichten, Maitré. Es ist faszinierend!" <… Fast wie im Gruselkabinett …> "Dabei kenne ich die meisten der genannten Orte gar nicht, beziehungsweise dachte ich es handle sich dabei lediglich um Mythen und Legenden. Nur an den unterirdischen Garten der Famile Papilliou erinnere ich mich. Als kleines Kind war ich da einmal, mit meinen Eltern und damals hatte ich richtige Angst. Aber zu gerne würde ich all die anderen fantastischen Orte einmal besuchen."

Obgleich Therese gedanklich eher musikalische Veranstaltungen, Theaterpremieren, Museen und Dichterlesungen im Kopf gehabt hatte, begannen Ihre Augen schwärmerisch zu glänzen angesichts ihres persönlichen Faible für obskure Dinge. Ob und wie die Öffentlichkeit auf derlei Attraktionen reagieren würde, wusste sie freilich nicht, doch warum sollte niemand wissen, welch Schätze Corinnis zu bieten hatte?

"Wie kommt es eigentlich, dass all diese Attraktionen im verborgenen liegen? Ist das Absicht? Und woher kennt Ihr sie?"

Es war unschwer zu erkennen, dass Therese mehr hören wollte und entsprechend gespannt blickte sie du Lac an, denn die Aufzählung der Kuriositäten schien noch nicht zu Ende ...
Therese Cabarrus
Comtesse de Belleville et Duchesse de Bari
Seigneuresse de Château Lafite
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Donnerstag, 19. März 2020, 15:10

Marat musste sich ein wenig bremsen, schließlich hatte zwar du Lac die meisten der Einrichtungen besucht, aber die Hintergründe dürfte er wohl kaum kennen. Nun, er sollte zumindest die Gerüchte kennen. Also verzog er die Lippen zu einem vorsichtigen Lächeln.
"Nun, gnädige Herrin, es gibt zumindest eine Menge Geschichte um ihre Erschaffung. Ich glaube fast, einige habt Ihr als Kind sicher schon gehört. Man kennt sie in den Märchen als die Männer in den Masken, die Gesichtslosen und die Mume mit den blutigen Krallen. Und dann gibt es noch die Legende von des Teufels Buhle." Er schüttelt langsam den Kopf. "Die üblichen Schauermärchen halt, aber es mag wohl dem Ganzen ein wahrer Kern innewohnen. Es gibt schließlich eine Menge von Orden, Clubs und Geheimgesellschaften und schwächere Gemüter vermuten auch zahlreiche Verschwörungen hinter den Kulissen. Nun, einige dieser Spinner haben sich wohl ernster genommen und gleich für angemessene Kulissen gesorgt. Das Pantheon der gepfählten Götter zum Beispiel ist doch ein passender Hintergrund für alle jene, die sich gerne in dunklen Kutten zu irgendwelchen obskuren Zeremonien versammeln wollen, um ihre Pastasaucen als Blutopfer erscheinen zu lassen." Zumindest die letzten acht Jahre hatte er keine echten Blutspuren mehr dort gefunden. Aber selbst diese Spinner waren irgendwann vorsichtiger geworden. Und im Vergleich zu vor dreißig Jahren opferten sie wohl auch eher Ziegen oder so, keine Menschen mehr.
Du Lac beugt sich etwas vor und flüstert zwinkernd. "Ihr wisst ja, der Orden endet nie!" Das war schon fast zu dick aufgetragen, wenn man bedachte, dass der Orden der Silbernen Klinge sehr real und sehr gefährlich war; so im Vergleich zu den meisten dieser dilettantischen Geheimgesellschaften. Aber die verschwendeten ihre Zeit ja auch nicht mit Blutopfern, sondern eher mit blutleeren Akten und Grundbesitz.
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Mittwoch, 25. März 2020, 09:08

Langsam wurde es unheimlich, je länger du Lac über Okkultisten, Ordensbrüder und deren Rituale philosophierte und Therese bekam regelrecht eine Gänsehaut, angesichts der Ausführungen über Verschwörungstheorien, Geheimgesellschaften und Blutopfern. Nicht ganz das kulturelle Angebot, woran Therese ursprünglich gedacht hatte, aber für bestimmte Personenkreise mochten all diese wundersamen Orte und deren Geschichten durchaus ein Anziehungsmagnet sein. Ob sich daraus bestimmte Events gestalten ließen?

So ganz wohl war Therese bei dem Gedanken allerdings nicht, zumal die Worte des Maitre fast schon bedrohlich klangen auch wenn er es vielleicht gar nicht so gemeint hatte. Aber mit den Personen, die hinter dem Orden standen, hatte Therese in ihrer leichtlebigen Vergangenheit durchaus so manchen Kontakt gehabt. Wenn auch nicht bei irgendwelchen dunklen Blutritualen, so zumindest zu anderen Anlässen, zu denen man eben ab und an als "offizielle Begleitung", an der Seite eines jener Ordensmänner eingeladen war. Therese wusste also nur zu gut: < … der Orden endet nie! Und mit dem Orden legt man sich besser nie an.">

"Wohl wahr, werter Maitre … . Der Orden ist allgegenwärtig, auch wenn er für die meisten offiziell nur ein Mythos aus alter Zeit ist. Vielleicht wäre es doch keine so gute Idee, all dieses Orte in die Öffentlichkeit zu bringen. Manches sollte man eben besser so lassen wie es ist, nicht wahr?"

Lenkte Therese ein und gab dabei ganz offen zu, dass der Orden ihr durchaus etwas sagte. Ob du Lac ebenfalls dazu gehörte? Seine guten Detailkenntnisse legten spontan diese Vermutung nahe, weshalb Therese nun leicht nervös und verstohlen nach irgendwelchen Anzeichen an ihm suchte. Sie erinnerte sich an bestimmte Siegelringe, welche gerne getragen wurden oder andere unscheinbare Zeichen der Ordenszugehörigkeit, welche sie aber zumindest bis jetzt noch nicht an dem Maite hatte erkennen können.
Therese Cabarrus
Comtesse de Belleville et Duchesse de Bari
Seigneuresse de Château Lafite
Membre de la Convention Nationale

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Donnerstag, 26. März 2020, 12:04

"Der Orden ist sicher nicht an irgendeinem dieser Orte zu finden. Die sind doch nur skurile Überbleibsel von Spinnern, Bekloppten und Romantikern. Soetwas wie den Orden findet man eher in Opern, in Bibliotheken und Anwaltskanzleien. Es wäre schade, diese sonderbaren Orte nicht anders zu verwenden, sonst verfallen sie, wenn es die Spinner irgendwann nicht mehr gibt. Die heutigen Verschwörungstheoretiker sitzen nämlich eher in irgendwelchen Foren als in vergessenen Türmen und Kellern." Wirklich, er hatte die Cabarrus für mutiger gehalten. Dabei merkte er gar nicht, dass sich die joviale Art des du Lac langsam in die leichte Überheblichkeit des Marat verwandelte. Sein Blick wurde von dem eines freundlichen, leicht großväterlichen Gesicht zu einer wölfischen Grimasse, hungrig nach Beute, wenn auch eher esoterischer. Erst sehr langsam bekam er sich wieder unter Kontrolle.


"Nun, ich denke, ich sollte besser gehen, ich will Euch ja keine Angst mit den Schauergeschichten machen. Aber es lohnt sich, diese verborgenen Orte zu erkunden. Man sollte nur nicht allein gehen." Er macht Anstalten sich zu erheben und ist dabei etwas zu schnell. So greift er erst spät nach seinem Stock und stützt sich dann fast übertrieben schwer auf ihn. Er blickt auf die Abgeordnete hinunter und versucht wie du Lac freundlich zu lächeln; er sieht dabei eher wie ein schlechter Clown aus. Die nächsten Worte sollten freundlich und nicht bedrohlich klingen, aber der Tonfall stimmt nicht so ganz. "Mit Eurer Erlaubnis ziehe ich mich zurück." Wie eine Frage klingt das auch nicht mehr und Marat greift den Stock nicht als würde er sich auf ihn stützen, sondern eher wie eine Waffe.


Er wartet die Antwort gar nicht erst ab, sondern stürzt schon fast aus der Tür. Auf einmal kommt ihm die Sache hier nicht mehr richtig vor. Er hätte keinen Hinweis auf den Orden geben sollen, das war dumm. Schließlich ist er mit seiner Aufgabe unabwendbar verbunden. Das entscheidende Treffen ist bald und er wird der ungeladene Gast sein. Wie konnte er so dumm sein und hier im Parlament, wo ihre Spione sitzen, davon erzählen?
Künstler zeigen die Wahrheit durch die Lüge

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Freitag, 27. März 2020, 08:46

Seltsamer noch als die Orte, die er so detailreich beschrieb, war die Verwandlung des Erzählers selbst. Vom amtlich bestellten Portraitmaler hin zu einem mysteriösen - ja fast schon bedrohlich wirkenden - Boten von unbekannter Herkunft und mit undurchschaubaren Absichten. Sollte er nicht eigentlich "nur" ein Bild von ihr malen? Das Portrait schien mittlerweile zur Nebensache geworden zu sein und angefangen hatte es mit dem Stoffbündel, welches du Lac ihr auf den Tisch gelegt hatte. Angeblich kannte er den Namen des "gemeinsamen Bekannten" nicht, doch so ganz nahm Therese ihm das nicht (mehr) ab. Wie kamen sie eigentlich auf den Orden? <Das war doch reiner Zufall. Hätte ich ihn nicht auf das kulturelle Angebot angesprochen, dann …> wären sie doch gar nicht auf das Thema zu sprechen gekommen … oder war das am Ende gar kein Zufall?

Weiter nachhaken konnte Therese leider nicht, da der Maitre plötzlich aufsprang und beinahe fluchtartig das Büro verließ. Erstaunlich schnell und gelenkig - nebenbei bemerkt - doch das war nicht einmal das Wunderlichste, was sie etwas ratlos und leicht beunruhigt zurück ließ.

"Auf Wiedersehen Maitre … und bis nächste Woche … " <oder auch nicht?>

Dass er ihre Worte noch gehört hat war zu bezweifeln, daTherese nicht mehr sehr laut gesprochen hat. Die Vorstellung, ihm nächste Woche gegenüber zu sitzen und so zu tun als wäre das Gespräch heute anders verlaufen, behagte ihr nicht so sehr. Sie hielt sich selbst zwar für keinen ängstlichen Menschen, aber wenn es um den Orden ging zeigte sie durchaus Respekt.

Erneut fiel ihr Blick auf das Stoffbündel und ein unbehaglicher Schauer rann über ihren Rücken, als läge da eine tickende Bombe vor ihr. <Ich hoffe mal Thierry weiß mehr damit anzufangen>, dachte Therese und als nächstes griff sie zum Handy und tippte folgende Nachricht an ihn:

+++ Salut Thierry, … sagt dir der Name "Madras" zufällig etwas? Ich habe etwas, das ich dir von ihm geben soll. Können wir uns heute Abend im Hotel Savoy treffen - so gegen 18:00 Uhr? … *Kuss* Therese +++.

Es war weniger eine Frage, eher eine Aufforderung, doch das würde Thierry sicher verstehen. Und da er vor kurzem erst zum Senator ernannt worden war, müssten sie auch keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen mehr treffen um sich zu sehen, auch wenn die Presse ihnen womöglich wieder eine Affäre andichten würde, sobald sie zusammen in der Öffentlichkeit gesehen wurden.
Therese Cabarrus
Comtesse de Belleville et Duchesse de Bari
Seigneuresse de Château Lafite
Membre de la Convention Nationale

Thierry Barras

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Wohnort: zuvor Balbeq, nunmehr Corinnis

Beruf: Senator

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17

Freitag, 27. März 2020, 21:14

Thierrys Antwort lässt nicht lange auf sich warten. Mit "Madras" kann er zwar nichts anfangen, aber er hatte schon Sehnsucht nach Therese. Seit seiner Ernennung zum Senator hatten sie noch nicht die Gelegenheit, unter vier Augen miteinander zu reden. So schreibt sich die SMS-Antwort wie von selbst:

Bien sûr, ma chère. :-* Th.

Tatsächlich brauchte er zum Schreiben der Nachricht insgesamt 5 Minuten - zum einen, weil er die Accents nicht sofort auf der Tastatur gefunden hat und zum anderen, weil er sehr lange überlegte, wie viel oder wenig er schreiben sollte. Das Treffen mit der Connetable hing ihm da noch ein wenig nach - und der Cognac, von dem er sich im Anschluss zwei Gläser gönnen musste.
Senator Thierry Barras
Herr des Palais Feutre
"Vous avais ma curiosité, mais maintenant vous avez mon attention."

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